Es muss gegen sechs Uhr abends gewesen sein – die Dämmerung setzte bereits ein – als mein alter Freund Friedrich an meine Tür klopfte. Er hatte erstaunlich gute Laune.
„Aron, Kumpel, ich muss dir was erzählen!“
„Komm 'rein, setz dich.“
Er nahm auf dem Sofa Platz und grinste weiter vor sich hin. Er versank tiefer in Selbstzufriedenheit als in den weichen Polstern. Ich zog einen Stuhl heran und setzte mich ihm gegenüber.
„Bei Gelegenheit kann dir auch mal meine Freundin vorstellen. Ihr kennt euch, denke ich, noch nicht“, bemerkte ich beiläufig. Ich hatte eine Ahnung, dass ich, legte Friedrich erst einmal los, bald nicht mehr zu Wort käme.
„Oh ja, gerne. Und da sind wir auch schon beim Hauptthema! Ich habe auch endlich eine abbekommen. Isses denn zu fassen? Endlich habe ich jemanden gefunden!“
Er strahlte vor Glück, als er sie beschrieb:
„Sie heißt Marie, wir haben uns heute erst kennengelernt, aber es hat gleich gefunkt. Getroffen habe ich sie beim Einkaufen. Ist eine lustige Geschichte. Ich bin am Regal vorbei, scharf um die Ecke und ZACK, sie über den Haufen gerannt.“
Friedrich erinnerte sich offenbar an die Situation zurück und musste lachen. Ich lächelte, doch wunderte mich bereits über den Zufall. Marie war auch der Name meiner Freundin. Das wollte ich in diesem Moment aber noch nicht erwähnen. Sollte er erst fertig reden.
„Naja, da hockte sie nun auf dem Boden und funkelte mich böse an. Habe mich natürlich gleich höfflichst entschuldigt und ihr aufgeholfen. So im Nachhinein denke ich, es waren ihre Augen. Das schönste Paar grüner Augen, das ich jemals gesehen habe. Darauf sind wir …“
Kann nicht sein. Oh bitte, das darf nicht sein!
„… war der Mittag auch schon vorbei. Hey, Aron, bist du noch geistig anwesend?“
„Hm? Ja, erzähl weiter.“
„Was würdest du der Frau schenken? So als kleine Aufmerksamkeit. Eine Schleife für ihr schmeidig-schwarzes Haar – bis zu den Hüften, sag ich dir! – sehe bestimmt toll aus. Aber das ist zu albern, oder?“ Er lachte wieder, ein wenig verlegen.
„Du findest schon etwas Angemessenes“, sagte ich ihm und setzte ein Lächeln auf.
Mittlerweile war es draußen dunkel und Friedrich verabschiedete sich. Ich brachte ihn zur Tür und wünschte ihm noch eine angenehme Nacht. Er strahlte noch immer.
Endlich konnte ich – alleine – die Tränen herauslassen, die die ganze Zeit über in den Augen gebrannt hatten. Hättet ihr geglaubt, dass jene Marie gestern noch in meinen Armen gelegen und mir geschworen hatte, auf ewig meins zu sein? Grüne Augen, schwarzes Haar. Friedrichs Beschreibung geisterte mir noch im Kopf umher. Und Marie lautete der Name seiner neuesten Flamme.