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„Wir müssen mal mit Lernen anfangen“

LERNEN! Picture related: Mathe-Skript

Ist es denn schon wieder so weit? Das Semester neigt sich dem Ende – nur noch eine Woche Vorlesungen – und die Klausuren werfen ihre Schritten voraus. Ich spüre bereits eine Anspannung in der Luft; besonders bei Erwähnung der Begriffe „Mathe“ oder „Algorithmen und Datenstrukturen“ zuckt doch der ein oder andere innerlich zusammen.

Ja denn, Montag kommt der Online-Test in Programmieren 2, bedeutet: Neunzig Minuten um am Rechner eine Aufgabe zu bearbeiten, die in Java gecodet wird und Gerüchten zufolge sich um AWT (GUI) dreht.

Dann wird der Rattenschwanz an schriftlichem Krempel hinter mich gebracht, als da wären: Programmieren 2, Lineare Algebra, Grundlagen BWL, Einführung Recht, Auszeichnungssprachen, Algorithmen und Datenstrukturen. Der Schwierigkeitsgrad verteilt sich dabei auf die Stufen Läuft, Wenn-Ich-Lerne-Geht-Das und FFFFFUUUUUCCCCKKKK-Ja-Okay.

Als allerletztes präsentieren wir in Gestaltung elektronischer Medien was wir das Semester über erarbeitet haben (sollten) und geben zusätzlich zwei Booklets mit Dokumentationen unserer Arbeit ab (die bis dahin hoffentlich fachgerecht erstellt wurden). Ach ja, gute Vorsätze *hust*.

Ende: Am 27. Juli um 16 Uhr.


PS09: Lachen, Destillierofen, auslutschen

Diese Geschichte ist parallel veröffentlicht auf dem Projekt-Blog.

Homunculus

War es meine Schuld, die Wagners oder können wir alle nichts für den Lauf, den die Dinge nahmen?

Es begann vor zwei Tagen. Zu dieser Zeit war ich noch der Gehilfe Wagners. Er bereitete sein großes Experiment vor; hockte vor der überdimensionierten Phiole und stocherte in der Glut darunter. Ich stand am Destillierofen und


Jacobs Blick verfolgte geduldig jeden einzelnen Tropfen aus dem Hahn hinunter in das Glas. Ein Strich markierte die gewünschte Füllmenge. Nur noch ein paar Tropfen fehlten. Dann ging er mit der Flüssigkeit hinüber zu Wagner, der ihn erst nicht bemerkte. Jacob starrte in die eigentümliche Flüssigkeit – oder war es eine dickliche Masse? – in der Phiole. Darin zog es Schlieren, trennten sich die Stoffe um sich dann doch wieder zu vermischen und wechselten ohne festen Rhythmus die Farbe. Er konnte den Blick nicht abwenden.

„Das gewünschte Destillat ist fertig. Dann haben wir es geschafft, nicht?“
Wagner nahm seinem Gehilfen das Glas ab. Mit nachdenklicher, ferner Stimme antwortete er ihm: „Sehr gut, sehr gut. Gleich ist es vollbracht.“
„Uhm, Meister. Was ist das, was ihr erschaffen wollt – ein Homunculus?“
Wagner bedachte seinen Gehilfen mit einem Blick, der sagte:
Dummer Bursche, liest du überhaupt in den Büchern, die ich dir gebe?
„Ein Menschlein. Von keiner Frau geboren und keines Mannes Kind.“


„Nun lass uns den großen Moment einleiten“, sagte er noch. Dann goss er das Destillat in die Phiole. Sobald die Tropfen eintauchten, verfärbten sie sich schwarz und wurden fester, schienen irgendwie klebrig. Ich sah zu Wagner hinüber, der wie gebannt auf das Schauspiel starrte. Die zähen Klumpen bildeten Fäden, die, so schien es mir, wild um sich schlugen. Trafen sie auf die Glaswand, hielten sie sich dort; trafen sie auf andere Fäden verknoteten sie sich und suchten eine gemeinsame Richtung. Bald schon waren Ansammlungen solcher Fäden wie Muskelgewebe und es war mir, als würde es in der Phiole lebendig zucken. Aber so recht erfolgreich schien mir das Experiment dennoch nicht.


„Meister, es scheint, wir haben nur einen Klumpen schwarzer Muskelmasse erzeugt. Es zuckt, aber ich sehe sonst kein Leben und noch weniger ein Menschlein darin.“ Wagner hatte selbst bereits den Misserfolg erkannt.
„Nun, was ich versuche gehört zum Größten der Alchemie. Da ist es nicht verwunderlich, dass nicht alles stets auf Anhieb gelingt.“ Er seufzte und griff sich mit Daumen und Zeigefinger ans Nasenbein. Eine Geste, die Jacob zuletzt immer häufiger bei ihm sah.

„Was soll mit dem Klumpen geschehen?“
„Trage ihn in den Lagerraum. Ich möchte ihn später noch sezieren.“
Jacob verschloss die Phiole und umfasste sie von unten mit den Händen. Ein schweres Gefäß. Der Klumpen rührte sich indessen nicht und schien zu erkalten. Wagner hielt seinem ächzendem Gehilfen noch die Tür auf, dann entschwand er in sein Schlafgemach. Unterdessen wanderte Jacob, begleitet vom Licht der Wandfackeln, den Gang hinunter.

Er ließ das Gefäß beinahe fallen, als es darin plötzlich wieder zuckte. Behutsam setzte er es noch ab, dann sprang er auch gleich einen Meter zurück und starrte fassungslos auf das Wesen. Wesen! – denn als solches erkannte er es nun. In dem schwarzen Klumpen zeichnete sich ein dünner Spalt ab, der sich langsam einen Millimeter öffnete. Jacob kroch näher heran und versuchte Genaueres zu erkennen. Der Spalt riss weit auf und ein Auge starrte ihn an. Die Iris war von matschigem Grau-Braun und die Lider wimpernlos.

Jacob stieß sich weg und presste seinen Rücken gegen die Wand. An der Seite des Klumpens klaffte nun auch noch vertikal ein Maul auf, aus dem Speichel floss. Die Lippen bewegten sich, als wüssten sie nicht, mit welcher Form sie welchen Laut herausbringen können. Doch dann sprach es.


„Öffne die Phiole!“, verlangte es von mir. Ich rührte mich nicht. Da sagte es wieder „Öffne die Phiole!“ und starrte mich mit seinem Auge an. „Niemals, du wirst mich fressen, wenn ich dich freilasse“, gab ich schließlich erstickt zurück. Da entspannte sich das Auge wieder und aus der Masse hob sich etwas – einem Tentakel ähnlich. Rings um die Spitze saßen drei Finger, wie zufällig platziert. Damit pochte es gegen den Glasdeckel, den ich nur locker auf dem Gefäß abgelegt hatte. Mein Herz setzte beinahe aus. Mit bedrohlichem Ton versprach es mir noch:


„Sobald ich frei bin, werde ich deinen Hals aufreißen und deinen Schädel auslutschen.“ Das war schließlich zu viel. Jacob rutschte mit den Füßen, schaffte es endlich sich an der Wand hochzudrücken und schrie aus voller Lunge. Gerade einmal zwei Personen kamen angerannt: Ein Gelehrter des Instituts und Wagner. Wagner blieb wie angewurzelt stehen, als sein Blick auf die Phiole fiel. Neben sich hörte er Jacob wimmern: „Es will mich töten.“

Der Glasdeckel fiel auf den Boden und gab ein Klirren von sich, zersprang jedoch nicht. Das Wesen hiefte sich nun mit zwei verkrüppelten Tentakel-Armen auf den Rand des Glases, wodurch beide umkippten. Leicht benommen richtete es sich auf und zu Jacobs Entsetzen besaß es auch Beine. Größentechnisch war es nicht größer als ein Kleinkind und abgesehen von der absoluten Unförmigkeit und Unproportionalität seines Körpers, sowie den krüppelhaften Gliedmaßen, war da doch die Ähnlichkeit mit einem Menschen. Oder Menschlein. Ein Homunculus.


Mir kam nur noch ein Gedanke: Flucht. Weg hier. Magister Torheim hatte das Pech dem Homunculus am nächsten zu stehen. Es sprang ihn an, auf den Arm, und krallte sich in die andere Schulter, sodass es quer über seiner Brust hing. Oder vielmehr unter seinem Hals, denn mit einem reißenden Geräusch biss es ihm im Bruchteil einer Sekunde die Kehle durch. Was weiter geschah, weiß ich nicht. Ich wandte mich ab und rannte fort. Fort, fort, fort. Ich durfte den Geräuschen hinter mir keine Beachtung schenken. Aber vor meinem Auge bildete sich doch das Bild eines geifernden Homunculus, der wie ein wildes Tier seine Beute auseinanderriss. Was mit Wagner geschah, bekam ich nicht mit. Aber ich sollte ihn kurz darauf wiedertreffen.


Jacob hastete in Wagners Experimentierzimmer. Auf seinem Pult lagen verstreut zahlreiche Papiere, darunter die Aufzeichnungen zum Homunculusversuch. Er erhoffte sich, irgendwelche Hinweise zu finden. Aber die Texte waren in Latein und Jacob darin noch nicht bewandert genug. Mit einem verzweifelten „Hol’s der Teufel!“ trat er einen Bücherstapel um und griff sich den Schürhaken vom Kamin. In dem Moment trat Wagner in die Tür. „Junge!“

„Meister!“, rief Jacob, „Schnell, sagt mir, wie können wir es aufhalten?“
Doch Wagner schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß nicht. Ich weiß so viel, doch dies weiß ich nicht. Wir können es nur mit einer List versuchen, ich habe auch einen Plan. Den können wir jedoch nur zu zweit durchführen.“
„Dann versuchen wir es!“
„Es ist aber keine Frage, ob man bereit ist sein Leben zu riskieren, sondern ob man bereit ist es zu opfern. In diesem Raum habe ich alles was es braucht, explosive Stoffe zu produzieren. In jeder Ecke des Raumes werde ich einen platzieren und zur Detonation bringen, wenn sich der Homunculus im Raum befindet. Wir werden ihn unter den Trümmern begraben. Aber es bedarf eines Lockvogels.“
„Das übernehme ich. Kümmert Ihr Euch nur um die Falle.“


Was hätte ich anderes sagen sollen? Und so kam es zum großen Finale. Ich nahm den Schürhaken mit und trieb den Homunculus auf. Doch der Schreck paralysierte mich. Es war gewachsen. Die Glieder waren länger, es hatte nun fünf korrekt angeordnete Finger an jeder Hand und sein Mund saß nicht mehr an der Seite seines Kopfes. Sein Körper schien dennoch nur aus der anfänglichen schwarzen Muskelfasermasse zu bestehen. Keine Haare, keine Haut, hatte es überhaupt Knochen? Jedenfalls bemerkte es mich und sagte, während es mir seine blutüberströmten Hände hinhielt: „Bin ich nicht groß geworden?“ Dann kam es näher. Es hätte mich in Sekundenschnelle anfallen können, aber es genoss ganz offensichtlich meine Angst. Ich konnte nicht weg, wollte weg, die Beine taub, wollte weg und dann


Jacob stieß sich den Schürhaken in den Oberschenkel. Nicht tief, aber es blutete und schmerzte und dieser Schmerz weckte den tauben Körper auf. Er rannte, die Lunge schmerzte, der Kopf pochte, das Bein pochte. Doch er rannte und verschwand im Experimentierraum. Kaum einen Augenblick später folgte ihm der Homunculus und beide standen sich gegenüber. Die Sprengsätze detonierten, Wände und Decke zitterten und stürzten ein. Jacob sah den erschreckt-begreifenden Ausdruck im Gesicht des Homunculus und in diesem Moment konnte er nur lachen. Er begrub den Homunculus unter seinem Lachen – und das alte Gemäuer sie beide.


So ging dieses Kapitel zu Ende. Einem Zufall habe ich es zu verdanken, dass mich kein Stein am Kopf traf und ich bei Bewusstsein blieb. Doch ein glücklicher Zufall war es nicht. So liege ich gebrochen noch immer unter den Trümmern. Lange werde ich nicht mehr haben. Und neben mir höre ich den Homunculus leise atmen.


P52: Zeit (Woche 2)

P52: Zeit (Woche 2)

Thema auf Mondgras.
Foto bei Flickr.


Projekt: Shortstories 2009

Projekt: Shortstories 2009

Am 3. Januar 2009 startet ein neues Projekt, bei dem die Teilnehmer zum kreativen Schreiben aufgefordert sind. Alle zwei Wochen werden drei Wörter zufällig aus dem Duden gewählt und auf dem offiziellen Blog preisgegeben. Diese sind dann die Vorgabe für eine selbstzuschreibende Kurzgeschichte.
Projekt: Shortstories 2009 – Drei Wörter werden zu Geschichten
PS: Veranstaltet von .

Deine Teilnahme

Jeder kann teilnehmen. Sagt kurz Bescheid, z.B. in einem Kommentar. Es ist auch nicht schlimm, wenn ihr den zweiwöchentlichen Rhythmus nicht einhalten könnt – Nachreichen und mal Auslassen ist in Ordnung. Späteinsteiger sind auch herzlich eingeladen.

Unsere Texte

Es existiert bereits ein Wordpress-Blog für das Projekt, auf dem alle ihre Texte nach Möglichkeit einstellen sollen. Dafür bedarf es einem Wordpress-Account, der dann als Co-Autor eingetragen wird. Wer einen eigenen Blog hat, darf/soll seine Geschichte natürlich auch dort parallelveröffentlichen.

Eine Teilnahme ist – klaro – auch ohne Wordpress-Account möglich.
Zum Sammeln der Texte wäre es nur praktisch und übersichtlich.

Warum sollte ich?

Einfach so.

(Es gibt nichts zu gewinnen, es gibt keine Bestenliste. Spaß am Schreiben, Austausch mit anderen und hoffentlich eine Verbesserung der eigenen Fähigkeiten stehen in Aussicht. Wem das nicht reicht, dem reicht das nicht.)

Links

PS09 Blog: ps09.wordpress.com
Mehr Infos zu PS09: ps09.wordpress.com/infos-co/
Jü (Veranstalterin): ichbloque.wordpress.com/
Wordpress-Account anlegen: wordpress.com/signup/
Die Grafiken zum Projekt stammen von Chrissi.